Am Dienstag, dem 27.06.2023, bekamen die Schülerinnen der Klassenstufe 9 und die Mentorinnen und Mentoren aus der Klassenstufe 11 ihre Zertifikate überreicht.

In Anwesenheit von Frau Lotz, Pflegedienstleitung des Altenpflegeheimes St. Elisabeth Geisa, Frau Schwestka, stationäre Pflegedienstleitung Haus Kreuzberg Philippsthal, Frau Dietzel, Leiterin des Seniorenparks Dorndorf , Frau Tischendorf, Vertreterin des Bürgermeisters der Stadt Vacha, Frau Grübel, Koordinatorin im Mehrgenerationenhaus in Bad Salzungen und Frau Tropper Vorstandsmitglied des Sozialwerks Bad Salzungen erhielten die Jugendlichen ihre Zertifikate überreicht.

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Zusammen stark: „Generationen können voneinander lernen und sich guttun“

Wöchentlich eine Stunde in guter Gesellschaft kann ein wichtiger Beitrag gegen Einsamkeit sein. Das zeigt das Angebot „Jung trifft Alt“ des Mehrgenerationenhauses Bad Salzungen. Ein Gespräch mit der Koordinatorin Heike Grübel und der Schuldirektorin und Kooperationspartnerin Beate Dittmar

Warum sind u.a. ältere Menschen besonders von Einsamkeit betroffen und wie lässt sich dem entgegenwirken?

Heike Grübel: Im Alter wird das Umfeld oft kleiner. Viele Seniorinnen und Senioren sind kinderlos oder die Kinder leben weit entfernt. Freunde und Bekannte sind bereits verstorben oder krank. Es ist schwer, mit zunehmendem Alter und den Hindernissen, die damit einhergehen, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Projekte wie „Jung trifft Alt“ helfen, Einsamkeit entgegenzuwirken.

Das Projekt „Jung trifft Alt“ bringt Jugendliche mit älteren Menschen zusammen. Welche Idee steht dahinter?

Heike Grübel: Wir wollen damit den Erfahrungsaustausch zwischen den Generationen fördern. Eine gelingende Gesellschaft kommt nicht ohne bürgerschaftliches Engagement aus, das lernen die Jugendlichen durch das Projekt bereits sehr früh. Für die Seniorinnen und Senioren ist der Kontakt mit den jungen Menschen nicht nur eine willkommene Abwechslung, sondern oft sogar heilsam, da einige von ihnen sehr einsam sind.

Beate Dittmar: Für die Jugendlichen ist das Projekt eine gute Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Es steht ihnen offen, wie sie die Zeit mit den Seniorinnen und Senioren gestalten, sie können kreativ werden und sich selbst verwirklichen. Das Projekt hilft, die Spanne zwischen den Generationen zu reduzieren und das Verständnis füreinander zu stärken.

Wie läuft das Projekt genau und wie wird es angenommen?

Heike Grübel: Einmal wöchentlich kommen beide Seiten für eine Stunde zusammen. Diese Zeit können sie frei gestalten: mit gemeinsamen Spaziergängen, Basteleien, Musik oder auch mit intensiven Gesprächen. Die Jugendlichen aus den achten und neunten Klassen werden während der Projektdauer über drei bis vier Monate von Mentorinnen und Mentoren begleitet, die bei Fragen und Problemen unterstützen. Bei diesen handelt es sich oft um Teammitglieder des Mehrgenerationenhauses oder Schülerinnen und Schüler der Oberstufe. Interessierte Jugendliche und Seniorinnen und Senioren finde ich leicht im direkten Gespräch mit Schulen, Seniorenheimen oder Pflegeeinrichtungen.. Beide Seiten wollen sich kennenlernen, austauschen und voneinander lernen. Das sehen wir deutlich.

Beate Dittmar: Das Projekt ist mittlerweile im Umkreis bekannt und hat sich fest etabliert – auch in den Köpfen der Jugendlichen. In unserer Schule gibt es bereits Wartelisten für die Teilnahme am Projekt, so beliebt ist es. In den Pflege- und Seniorenheimen ist es oft so, dass die gleichen Leute noch einmal mitmachen. Das Angebot kommt also gut an. Trotzdem sind einige Einrichtungen noch skeptisch. Ich würde mir wünschen, dass sie sich dem Projekt öffnen, denn einmal gestartet, ist es ein echter Selbstläufer.

Welche gemeinsamen Themen haben die Teilnehmenden? Worüber tauschen sie sich aus?

Heike Grübel: Über alles, was sie bewegt. Ich bin selbst Mentorin und weiß daher, dass es im Gespräch zwischen den Generationen kaum Startschwierigkeiten gibt. Nach den ersten zwei Treffen fühlen sich beide Seiten schnell wohl und der Redefluss kommt von ganz allein. Zwei Jungen unterhalten sich zum Beispiel mit Senioren über die Kriegszeiten und die DDR. Eine Schülerin hat durch ihre Seniorin das Stricken gelernt. Daraus hat sich nun eine Handarbeitsgruppe entwickelt. Die ältere Generation ist hingegen neugierig auf Themen wie das Internet und das Smartphone. Sie bringen ihre Geräte mit und lassen sich von den Jugendlichen erklären, was sie damit alles anstellen können.

Beate Dittmar: Die beiden eigentlich so unterschiedlichen Welten verbinden sich tatsächlich schnell. Die Älteren erzählen, wie es damals bei ihnen war oder wie nun ihr Lebensalltag aussieht. Die Jüngeren sind davon keineswegs gelangweilt. Einige tauschen Rezepte aus, beraten sich bei der Kleidungsauswahl oder singen zusammen.

 

Was lernen die Jugendlichen aus dem Projekt?

Heike Grübel: Durch ihr Ehrenamt erhalten sie wichtige Einblicke in ihnen fremde soziale Realitäten und entwickeln Verständnis für Menschen in anderen Lebenslagen. Ich habe oft erlebt, wie die Jugendlichen aufblühen. Sie werden selbstbewusster und gehen sensibler mit den Lebenssituationen Anderer um. Im Feedback spiegeln sie uns, dass das Projekt eine ganz besondere Erfahrung für sie war. Manche entdecken durch ihre Teilnahme, dass ein sozialer Beruf das Richtige für sie ist.

Beate Dittmar: Die Jugendlichen lernen, mit dem Alter und dem Altwerden umzugehen – mit allen Hindernissen und Herausforderungen. Es gibt ihnen einen anderen Blick auf den Lebensalltag älterer Menschen. Sie haben jederzeit die Option zu sagen „Ich schaffe das nicht“ oder „Mir geht das alles zu nah“. Bisher sind aber alle Teilnehmenden daran gewachsen – noch niemand hat das Projekt an unserer Schule abgebrochen.

 

Welches Fazit würden Sie ziehen: Wirkt das Projekt gegen Einsamkeit?

Heike Grübel: Ganz klar: ja. Es findet nun seit 2016 jährlich statt und in dieser Zeit konnten wir sehen, dass den Seniorinnen und Senioren der Umgang mit den jungen Menschen guttut. Sie werden gesprächiger und finden wieder Gefallen an ihren Hobbies und Fähigkeiten wie dem Stricken oder dem Skatspielen. Es entstehen Freundschaften und einige Jugendliche besuchen die Seniorenheime auch über die Projektdauer hinaus regelmäßig. Ich finde aber auch, dass wir alle etwas gegen Einsamkeit tun können – nicht nur bei Älteren: aufmerksam sein, aufeinander Acht geben und den Mut haben, auf Leute zuzugehen, wenn sie sich abkapseln.

Beate Dittmar: Ich denke, es wirkt sogar längerfristig. Nicht nur, weil Freundschaften zwischen den Älteren und Jüngeren entstehen. Auch innerhalb der Einrichtungen entsteht eine neue Dynamik – die Bewohnerinnen und Bewohner gehen mehr aufeinander zu. Sie haben sich mit den Jugendlichen in Gruppen getroffen und diese bleiben. Als Schulleiterin weiß ich, dass Einsamkeit auch junge Menschen betrifft. Es ist wichtig, Betroffenen direkte Unterstützung anzubieten, man sollte sich nicht scheuen. An unserer Schule haben wir für diese Fälle ein aufmerksames Team aus Beratungslehrerinnen.

 

Zu den Personen

Heike Grübel ist Koordinatorin im Mehrgenerationenhaus Bad Salzungen und leitet das Projekt „Jung trifft Alt“, das vom Mehrgenerationenhaus angeboten wird. Beate Dittmar ist Leiterin des Johann-Gottfried-Seume Gymnasiums Vacha, dessen Schülerschaft regelmäßig am Projekt teilnimmt.