Am vergangenen Dienstag konnten die Schülerinnen und Schüler des Geschichts-Leistungskurses des Jahrgangs 12 „Geschichte erleben“.

Herr Martin von der Deutschen Gesellschaft e.V. hatte den weiten Weg von Berlin nach Vacha auf sich genommen, um den Jugendlichen einen anschaulichen Einblick in unsere jüngste Geschichte zu ermöglichen. Dazu hat er zunächst einen Einblick in die bestehenden Feindbilder und Freundbilder während der deutschen Teilung gegeben und mit den Schülerinnen und Schülern dann den historischen Prozess bis hin zum Mauerbau in Berlin erarbeitet. Die Lernenden konnten dabei konkrete Ortskenntnisse aus der zu Beginn des Schuljahres stattgefundenen Klassenfahrt nach Berlin einbeziehen.

Einen Gänsehautmoment bescherten dann nach der kurzen Einführung von Herrn Martin die Schülerinnen Lilly Wiegand und Florentine Grützmacher, die zur Begrüßung der Zeitzeugin Kathrin Begoin-Weber eines der Lieder der Zeitzeugin sagen, die mit ihren Texten und Liedern versucht, ihr Jugendtrauma zu verarbeiten. Die Schülerinnen und Schüler hatten sich im Vorfeld für die Thematik „Fluchten aus der DDR“ entschieden und Herr Martin konnte Frau Begoin-Weber für den Workshop an unserem Gymnasium gewinnen.

Bis zur 8.Klasse verlief Frau Begoin-Weber Leben in der DDR „völlig normal“. Es kam jedoch dann das Gerücht auf, ihr Vater sei bei der Stasi – was nicht stimmte, man hatte zwar mehrfach vergeblich versucht, ihn als Zuträger der Stasi zu gewinnen und sich dann mit der Verbreitung des Gerüchtes gerächt. Für die 15-jährige Tochter Kathrin hatte das gravierende Folgen. Ihre Freunde wandten sich von ihr ab. Sie fand neue Freunde in der Kirchengemeinde. Sie kam dort mit jungen Menschen in Kontakt, die Ausreiseanträge gestellt hatten. Die Eltern machten sich deshalb große Sorgen um Kathrins neuen Umgang und wandten sich an die DDR-Jugendhilfe. Die Eltern hatten sich Hilfe bei der Institution erhofft, doch ihr Kind wurde ihnen genommen und in ein Durchgangsheim weggesperrt. Kraft gaben ihr nur die wöchentlichen Besuche ihrer Eltern, die jedoch auch schnell untersagt wurden… Nach etlichen Fluchten wurde das Mädchen schließlich in den berüchtigten geschlossenen Jugendwerkhof nach Torgau gebracht – und „durchlebte“ dort die schlimmste Zeit ihres Lebens.

Der Workshop hat den jungen Erwachsenen einen hautnahen und persönlichen Einblick in die willkürlichen Repressalien des DDR-Regimes gegeben. Frau Begoin-Weber appellierte an die jungen Erwachsenen, dass jeder einzelne dafür verantwortlich ist, für die Freiheit einzutreten und dieses unschätzbare Gut unserer heutigen Zeit zu bewahren.

Tanita Heindl